CYNETART 2017
Ausstellung
Ort: Festspielhaus Hellerau,     Datum: 16. - 19. 11.2017    
Ausstellung
Ulf Langheinrich & Jo Siamon Salich
Die Welt als Wille und Vorstellung.
Installation, 2017, Madagassische Fauchschaben & RoboDogs in a terrarium
Eine absurdes Terrarium, bevölkert von schnuckeligen asiatischen Zombies und smarten afrikanischen Minimonstern, primitive Steuerung und komplexe Interaktion, zufälliges Nebeneinander und generative Pseudoentwicklungen, sinnlos, perspektivlos und voller Auferstehung. Zu diesem Welt-Set-Up hat Jo Siamon Salich eine zweite Ebene entwickelt, ein Meta-Environment zum Environment, dieses nach Ordnung und Sinn im Chaos und Irrsinn abfragend, und mit den so erzeugten Bildern und Sounds ist es der Willkommensgruss an die Festivalbesucher.

Hintergrund

Auf Schaben wird normalerweise mit Ekel und Abscheu reagiert. Auf kleine Plüschhunde mit Verzückung. Deswegen werden letztere massenhaft erfolgreich zwischen Shanghai und Berlin als Souvenirs verkauft. Der gemeinsame Auftritt dieser beiden Wesen verschiebt die Wahrnehmung. Plötzlich werden die Hunde zu absurd dummen Wesen, die mit ihrer primitiven Steuerung, Bellen und Laufen imitierend, als sinnlos zappelnde Schnuckelapparate eigentlich nur stören, während die verstörend großen, schwarzen seltsam fremden Insekten faszinieren. Es ist die Kontextverschiebung (Schaben gehören gekillt, Spielzeug geknuddelt), durch die die Schaben, Bewunderung und teilnehmende Solidarität des Publikums wegen der Störung ihres Normalverhaltens auslösen. Und es ist das Spielzeug, das plötzlich nervt. Das ganze findet in einem Raum statt, der nur mit Rotlichtlampen erleuchtet ist, nicht nur um das Stresslevel für die Insekten zu minimieren, sondern, weil es eben diese Lampen sind, die zur Küken- und Ferkelaufzucht verwendet werden. Es wird damit ein Assoziationsraum eröffnet, der uns unsere verlogene und verschobene Projektion auf Tiere, unseren Umgang mit Tieren, insbesondere ihre Einteilung in niedlich und nützlich, hinterfragen lässt. Dabei findet täglich unvorstellbares Leid im Verborgenen statt, nicht nur bei den "Nutztieren" sondern auch jenen als Kompensationsmittel und Projektionsfläche für Einsamkeit missbrauchten Vögeln, Hunden und Katzen. Hier ist etwas aus der Nacht der Phantasie ins Licht gezogen, wenngleich dieses Licht das rote Dämmerlicht eines absurden Beckett-Stücks, einer kafkaesken Albtraumlandschaft ist.

Gerade die computergesteuerte Umsetzung der Bewegungsdaten der Schaben in Bild und Ton hinterfragt den Sinn und Unsinn des Begriffes Nutzen im Zusammenhang mit Tieren.

Kunst und Nutzen

Ist die Haltung von 60 "Kakerlaken" über einen Zeitraum von 4 Tagen auf 4 Quadratmetern für jeweils 18 Stunden mit Einstreu und Unterschlupf und Dunkelheit, also artgerechte Haltung, aber für 6 Stunden ohne Einstreu und Versteckmöglichkeiten, Insekten zumutbar, die in Deutschland normalerweise als Futtertiere für Reptilien gezüchtet-, oder überhaupt als Ungeziefer bekämpft werden?

Ist also der öffentlich sichtbare temporär tatsächlich nicht ausschließbare Stress in einem Kunstwerk eine ungerechtfertigt sinnlose Tierquälerei, gegenüber den, durch den Nutzen des Ernaehrens oder Heilens von Menschen "gerechtfertigten", aber vor unserem Blicken und Empfindungen abgeschirmten Qualen von vergleichsweise hochintelligenten und empfindsamen -, und insbesondere auch schmerzempfindlichen Tieren in industrieller Massentierhaltung oder Tierversuchen?

Oder konstituiert die Freiheit und der Bildungsauftrag der Kunst einen Nutzen, der die stundenweise Abweichung von ansonsten ohnehin optimalen Haltungsbedingungen rechtfertigt?





 Anderen weitersagen:     
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Förderer
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Das CYNETART Festival 2017 ist eine Veranstaltung der Trans-Media-Akademie Hellerau e.V.
in Kooperation mit HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste
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